Die Bässe des Kesselhauses zu Singwitz
Durchs Schneetreiben führt die Fahrt zu mitternächtlicher Stunde, hinaus aufs Dorf. Die ländliche Idylle wird gestört durch jede Menge Autos die scheinbar ziellos umherirren, in Sackgassen fahren, in unübersichtlichen Kurven wenden, gar die Einfahrt zum alten Parkplatz verpassen und da im Straßengraben stecken. Ich jedoch finde den Weg mit schlafwandlerischer Sicherheit, bin ich ihn doch schon oft gefahren. Angekommen vor einer von brennenden Tonnen umrahmten alten Fabrik gleite ich aus der winterlichen Idylle in eine Scheinwelt. Hier scheinen Videoinstalltionen und grelle Stroboskope. Aber vor allem herscht der Bass.
Durchs Kellergewölbe stampft er von Anfang an und lässt seine Jünger stampfen, zappeln, sich Furien gleich umherflattern. Hart ist er hier, fordernd, unberechenbar, etwas hinterhältig und so gerade eben nicht unfair. Er ist abwechslungsreich, ändert sein Tempo, seine Rhythmik, seine Frquenz – aber nie seine Härte. Seinen Gefangenen lässt er so leicht nicht entkommen – wer es dennoch schafft sich dem Bann des Kellerbasses zu entziehen, lernt in der Lounge dessen Bruder kennen:
den Groovebass. Er ist subtiler, filigraner, diskreter aber keinesfalls schlichter. Auf seine Art ist auch dieser Bass hinterhältig. Unbemerkt nimmt er Besitz von den Gespräch- und Getränksuchenden der Lounge. Wenn sie nicht schnell fliehen, ergreift der Groove-Bass seine Zuhörer, lässt sie träumen, fliegen, schweben und trotz seiner gelegentlichen Melancholie hinterlässt er glückliches Lächeln.
Der Dritte im Bunde ist der Konsensbass. Seinem Wesen nach ist dieser ausgleichend. Er versucht die guten Eigenarten seiner Brüder aufzunehmen und einzusetzen. Das gelingt ihm manchmal gut – aber heute will es nicht klappen. Zuerst versucht er es mit zackigem Groove und etwas aus dem Hause House, später mit recht vielen Gesangspassagen im Gewand der 80er. Aber auch hier hängt der Konsensbass hinterher und versucht es nochmal mit einer Kehrt. Er lässt die Platte auslaufen und lässt einen neuen Abspieler eine andere starten. Doch der Versuch misslingt. Der Konsensbass probiert es mit Monotonie, mit quietschiegen Steigerungen und mit ständigen Wiederholungen. Nein – ich kehre mich lieber zu den beiden anderen Geschwistern zurück.
Die Gefährten und Freunde des Basses wenden sich nicht nur dem Bass zu, sondern auch den anderen Gefährten und Freuden. Anregende Gespräche, kurze Blicke, auffallende Gesten, kühle Getränke und am Ende ist doch vieles wieder vergessen und vergangen. Aber den Bass vergisst man nicht mehr, auch nicht wenn man längst wieder einer surrealen Welt angekommen ist mit Ihren Büros, Einkaufszentren und ihren in Stoff eingapckte Pudel samt Herrchen.
Ingo schrieb:
das Review verstehe ich nicht …
Montag, 8. März 2010 | 22:22
Trique schrieb:
Ich finds gut geschrieben. Robert wollte sich halt auch mal lyrisch versuchen. ;)
Dienstag, 9. März 2010 | 15:10
Daniel schrieb:
Was für ein Review.
Sehr schön und trotz der Abstraktion kann ich den Abend gut nachempfinden.
Dienstag, 9. März 2010 | 16:23
Anne schrieb:
Also ich fand’s speziell oben dismal super. Es war mal wirklich etwas anderes als sonst so auf den Floors läuft und man konnt diemal endlich mal richtig tanzen und das zu toller Musik!!! Bitte mehr davon!!!
Mittwoch, 10. März 2010 | 13:53
C schrieb:
„Konsensbass“ findsch stark :-)
Mittwoch, 10. März 2010 | 14:03
Supi schrieb:
Außer Jacq und Jazzman fand ich oben eigentlich alles sehr eintönig. Keller ging diesma aber wieder flott ab. Lounge sowieso. War wieder ne Reise wert.
Mein Top am Abend: Fin Phranklin
Montag, 22. März 2010 | 04:17